Schweizer unterwegs

 

Vor kurzem hat mich einmal ein Australier gefragt, ob es in der Schweiz denn überhaupt noch Schweizer gäbe. Ich musste ihm antworten, dass ich mir in den letzten Monaten genau dieselbe Frage auch schon mehrmals gestellt hatte, denn es scheint fast so, als ob alle Schweizer hier in Australien in den Ferien seien. Dass man in den Touristenhochburgen Sydney, Melbourne und Ayers Rock hie und da andere Schweizer antreffen würde, war uns von Anfang an klar. Doch als wir dann auf dem Plenty Highway, einer verlassenen Schotterpiste im Outback, wo wir in zwei Tagen gerade mal zwei Autos zu Gesicht bekamen, einen Graubünder auf seinem Velo überholten, waren wir doch etwas überrascht.

Bald jedoch lernten wir, dass es vor den Schweizern in Australien kein Entkommen gibt. Auch nicht am Cape York. Dies ist der nördlichste Punkt des australischen Festlandes und wird, zumindest in unserem Reiseführer, als die letzte Wildnis Australiens angepriesen. Der Weg dort hinauf ist lang und beschwerlich. Wir kämpften uns mit den schweren Motorrädern in brütender Hitze gerade durch ein scheinbar unendlich langes Sandloch, als uns Kari aus Bern in seinem klimatisiertem Vierradantrieb entgegenkam. 'Hoi zäme ! Wie gäits ?', wollte er wissen, denn wir sind ja schon alte Bekannte, hatten wir uns doch schon vor Wochen auf dem Campingplatz vom Ayers Rock Resort zum erstenmal getroffen. Das grosse Bernerwappen auf seinem Auto liess schon damals keinen Zweifel über Karis Herkunft aufkommen. Den nächsten Schweizer erkannten wir dann zwar nicht an seinem Fahrzeug, aber am T-Shirt, welches mit lauter kleinen Schweizerfähnchen übsäht war.

Wenn man am Cape York, der letzten australischen Wildniss, die Schweizer immerhin noch an einer Hand abzählen konnte, so braucht man in Cairns schon fast vier oder fünf Hände. Auf dem Campingplatz sieht man vom pensionierten Ehepaar aus Zürich, welches in einem Wohnmobil durch Australien reist, über die Austauschstudentin aus Lausanne, welche eine Busreise macht, zu den frischverheirateten Solothurnern auf Hochzeitsreise alles. Hier sind alle guter Laune und jederzeit für einen kleinen Schwatz bereit. Am meisten vermissen die Schweizer das gute Brot von zu Hause. Mit dem gummigen Toastbrot, welches hier angeboten wird, können sie nicht sehr viel anfangen. So ist dann 'Beethoven', eine Schweizer Bäckerei in Cairns, sehr beliebt. Dort decken sich die Eidgenossen mit Walliserbroten, Gipfeli, Cremeschnitten und Spitzbuben ein. Die Köstlichkeiten heissen hier zwar etwas anders, die Spitzbuben zum Beispiel werden Monkeyfaces, also Affengesichter, genannt, doch schmecken sie wie zu Hause. Der Bäcker meint alllerdings, dass während der Regenzeit wegen der hohen Luftfeuchtigkeit das Brot nicht so richtig knusprig werde.

Fast genauso schwierig wie gutes Brot sind in Australien Nachrichten aus der Schweiz zu finden. Es gibt zwar eine deutsche Wochenzeitung, 'Die Woche', doch die Schweiz wird dort nur am Rande erwähnt und vorallem fehlen die Sportresultate. So ist Schweizer Radio International, vorallem für die Reisenden die länger unterwegs sind, fast unentbehrlich. Neben Nachrichten und Sportresultaten sind auch die Wetter- und Strassenberichte am Schluss der Sendung immer sehr beliebt. Der graue Nebel und das kühle Wetter wird ohnehin am wenigsten vermisst. Und wenn dann das Wetter in der Schweiz so richtig miserabel ist, kann man die Sonne in Queensland umso mehr geniessen oder einen warmen Regen noch eher verkraften.

Ref: LZOCT96.SAM

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