Letzte Paradiese

 

Es war einmal am Ende einer langen, holprigen und staubigen Strasse, weitab jeder menschlichen Siedlung ein wunderschöner, weisser Strand mit klarem, hellblauem Wasser. Eines Tages bemerkte ein Rudel Delphine ein paar Menschen, die sich an diesem verlassenen Strand in der Sonne räckelten. Die Delphine beschlossen diesen Wesen einen kleinen Besuch abzustatten. Die Menschen waren überrascht und hoch erfreut über das Auftauchen des Rudels und zusammen spielten sie im Wasser, bis die lustigen Tiere wieder verschwanden. Am nächsten Tag tauchten die Delphine jedoch erneut auf und genauso am Tag danach. Auch heute noch, fast dreissig Jahre später, erscheinen fast jeden Morgen mehrere Delphine, die bis an den Strand ins knietiefe Wasser schwimmen, wo sie mit den Menschen spielen, sich berühren lassen und von Zeit zu Zeit sogar einen Fisch als Geschenk mitbringen. Bei den Menschen hat sich natürlich dieses Phänomen rasch herumgesprochen, und der Besucherandrang ist inzwischen so gross, dass der Strand zu einem Nationalpark erklärt werden musste. Die Parkwächter achten darauf, dass die friedlichen, freilebenden Delphine nicht von den Menschen überfüttert oder misshandelt werden. Die Strasse an den Strand ist selbstverständlich nun schon seit langem aspahltiert und ein geschickter Unternehmer hat sich das Land hinter dem Strand ergattert, wo er bis jetzt einen dezent angelegten Campingplatz betreibt. Doch das Geschäft mit den Delphinen scheint so gut zu laufen, dass vor Kurzem bekannt wurde, der Campingplatz werde demnächst um ein mehrstöckiges Hotel erweitert. Bereits jetzt werden am Strand Segeltouren und andere Attraktionen angeboten, um die Touristen auch dann bei Laune zu halten, wenn die Delphine nicht gerade auf Besuch sind.

Einige hundert Kilometer vom beschriebenen Strand entfernt, erstreckt sich ein langes, buntes Korallen Riff vor der Westküste einer fast unbewohnten Halbinsel. Jedes Jahr versprühen alle Korallen dieses Riffs gleichzeitig ihre Eier und Spermen, um sich so fortzupflanzen. Dieses Ereignis lockt aus den Tiefen des Ozeans die grössten aller Fische, die Walhaie, hervor. Diese gigantischen, planktonfressenden Tiere können dann während einigen Monaten nahe der Wasseroberfläche beobachtet werden, bevor sie wieder in den Tiefen der Meere verschwinden. Mehrere Unternehmen bieten nun Exkursionen an, wo für viel Geld Touristen mit den Walhaien zusammen schwimmen können. Dazu wird ein kleines Flugzeug losgeschickt, welches aus der Luft die sich am alljährlichen Festmahl erfreuenden Giganten ausmacht und dann die Boote mit den Touristen in Richtung der Walhaie weisst. Einmal dort springen alle Passagiere ins Wasser und versuchen den riesen Fischen schwimmend zu folgen und so viele Photos wie möglich zu schiessen. Die Tiere scheint das ganze Theater nicht sonderlich zu stören, besonnen gleiten sie ihrer Wege und filtern, wie nichts wäre, Wasser durch ihre grossen Mäuler hinein und durch die Kiemen wieder heraus. Die Menschen jedoch sind jeweils begeistert. Es ist eben doch ein unbeschreibliches Erlebnis neben einem Fisch zu schwimmen, der gut fünfmal so gross ist wie die eigene Person.

Noch halten sich die Besucherzahlen in Grenzen. Dieses Plätzchen ist weitabgelegen und die Kosten für die Walhai-Exkursionen sind hoch. Gerne würde ich allen raten sich diese Tiere ebenfalls aus der Nähe anzusehen, doch wie lange wird es dann noch dauern, bis auch hier grosse Hotels und Feriendörfer aufgestellt werden ?

Ref: LZJUL96.SAM

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