Kanada - Enduro Tour durch Newfoundland un Labrador

 

Die Sonne ist schon seit mehr als einer Stunde verschwunden. In der Dämmerung macht das Postschiff seinen Weg durch die grünen Inseln in der Notre Dame Bay im Norden von Newfoundland. In der Ferne und der Dunkelheit fallen die Eisberge, die an der Küste gestrandet sind, umsomehr auf, und auch die Wasserfontäne eines Wales ist zu sehen ! Wiedereinmal sind die Motorräder per See statt per Land unterwegs. Vor gut einer Woche haben wir mit der grossen Fähre in Argentia die wundervolle Insel Newfoundland erreicht. "Newfie", so wird die Insel von den Kanadiern liebevoll genannt, sitzt in seiner eigenen Zeitzone (eine halbe Stunde vor Atlantik Zeit) im Nordosten von Kanada Mitten im Atlantik. Der Sommer hier ist kurz und auch wenn es im Juli und August recht warm werden kann, so sind Regen und Nebel doch nie weit entfernt. Dafür haben die Einwohner ein sonniges Gemüht und ihre Freundlichkeit ist sogar in Kanada unübertroffen ! Die ersten paar Tage verbrachten wir in St. John, neben Corner Brook die einzige grössere Stadt auf der Insel. St. John strotzt nur so von Geschichte: Hier am östlichsten Punkt von Nordamerika entstand die erste und somit älteste Kolonie Englands in Übersee. Hier starteten Lindberg und Earhart ihre Flüge über den Atlantik und hier beginnt der Trans-Canadian- Highway, der sich über mehr als 7000 km bis nach Victoria in British Columbia seinen Weg in den Westen bahnt. (Nach Irland sind es von hier aus lediglich etwas mehr als 3000 km !) Doch vorerst denken wir gar nicht daran weiter westlich zu ziehen, denn es gibt hier noch so viel zu entdecken!

Fast einen ganzen Tag verbringen wir damit vom Leuchturm in Cape Spear aus den Walen zuzusehen, wie sie vor der Küste an Heringen schmausen, und nachdem sie satt sind im Wasser spielen. Auch die riesigen Eisberge, die Anfangs Juli aus dem Hohen Norden an die Küste von Newfoundland driften, haben es uns angetan. Doch mit der Zeit ist es uns nicht genug die Wale nur vom Land aus zu bewundern, und so finden wir uns einmal mehr auf einem Boot, um mit dem singenden Kapitän auf Walschau zu gehen. Das erste Lied ist noch nicht verklungen, als wir auch schon die Wasserfontäne eines Buckelwales am Horizont entdecken! Nicht lange danach erhebt sich der Wal aus dem Wasser, um dann tief hinunterzutauchen und uns als letztes seine Schwanzflosse zu zeigen.

So schön die Wale und Eisberge auf dem Wasser auch sind, eigentlich sind wir ja zum Motorradfahren hierhergekommen und so kurven wir am nächsten Tag entlang der Ostküste der Avalon Penninsula Richtung Terpassey, in der Hoffnung die grosse Karibou Herde zu finden, welche dort ihre Weidegründe hat. Es ist Anfangs Juli und obwohl die Sonne scheint, bläst ein kühler Wind, so dass wir bald die Winterhandschuhe wieder aus den Boxen kramen müssen. Doch die spektakuläre Küstenlandschaft mit den vielen Buchten und Eisbergen wärmt, wenn auch nicht unsere Finger, so doch unsere Herzen. Leider haben wir aber noch kein einziges Karibou gesehen. Obwohl wir schon fast die ganze Strecke zwischen Biscay Bay und Trepassey, wo sich die Herde aufhalten soll, hinter uns haben, konnten wir bis jetzt noch kein einziges dieser Tiere sehen. Enttäuscht denke ich, dass sich die Herde heute wahrscheinlich woanders aufhält, als wir ganz in der Nähe der Strasse einen Bullen mit seiner Begleitung entdecken. Wir halten natürlich sofort an und schiessen unsere Fotos. Etwas versöhnt fahren wir weiter. Immerhin haben wir zwei Karibous gesehen. Doch dann zeigen sich noch weitere dieser graziösen Tiere. Inzwischen habe ich schon drei Bullen, sieben Weibchen und vier Jungtiere gezählt. Beruhigt setzen wir unsere Fahrt fort und da hinter der nächsten Kurve ist die Herde: Karibous so weit das Auge reicht! An Zählen ist gar nicht mehr zu denken.

Am nächsten Tag holt uns das schlechte Wetter ein. Es regnet von Früh bis Spät, also begnügen wir uns damit auf dem Trans-Canada-Highway bis zum Terra Nova National Park zu fahren. Am Abend im Zelt studieren wir die Karte. Wir haben noch sieben Tage, bevor wir in Lewisport sein müssen. Von dort aus soll uns die Fähre nach Goose Bay in Labrador bringen. Wir wollen vorher aber unbedingt noch L'Anse aux Meadows und den Gros Morne National Park besuchen. Doch dummerweise befindet sich L'Anse aux Meadows am äussersten Tip der nördlichen Halbinsel, fast 800 Kilometer entfernt und es gibt nur eine Strasse dorthin. Was heisst, dass wir dieselbe Strecke hin- und zurückfahren müssten. Wir sind beide nicht gerade begeistert davon. Doch dann hat Khim ein Idee: "Lass uns sehen ob wir von Lewisport aus nicht das Postschiff bis nach St. Anthony nehmen können!" Während den Sommermonaten läuft dieses Schiff einmal pro Woche aus und besucht nacht St. Anthony alle kleinen Fischerdörfchen an der Küste von Labrador, bevor es Goose Bay und als Endstation Nain anläuft. Das Fracht- und Passagierschiff nimmt im Normalfall keine Fahrzeuge mit. Doch wir konnten die Motorräder als Fracht verschiffen. Für uns war natürlich keine Kabine mehr vorhanden, aber der Fussboden in der Passagier-Lounge tats auch. Das Schiff lief Abends um neun aus und am nächsten Morgen gegen acht Uhr dockten wir in St. Anthony. Hier fast am nördlichsten Zipfel von Newfoundland grüsste uns ein wunderschöner Morgen, mit strahlend blauem Himmel und klarer Luft, wie man sie nur im Norden findet. Erst durch Tundra und Blumenwiesen, dann entlangen Buchten mit dunkelblauem Wasser und weissen Eisbergen, windet sich die Strasse zur einzigen Vikingersiedlung, die bis jetzt in Nordamerika gefunden wurde. An einer besonders schönen Bucht, in deren Mündung drei Eisberge sitzen, halten wir an. Während wir unsere Fotos schiessen, werden wir von einem Fischer beobachtet. Er versteht nicht, warum wir so an den dummen Eisbergen interessiert sind. Für ihn sind sie mehr eine alljährliche Plage, welche die Hummer- und Krabbenfallen zerstören und ihn daran erinnern, dass schon in ein paar Monaten die ganze Bucht wieder zugefroren sein wird.

In L'Anse aux Meadows begrüsst uns ein kleines Museum, in dem neben einer kleinen Ausstellung ein kurzer Film gezeigt wird. Der Film erklärt, wie der norwegische Forscher Ingstad, zusammen mit seiner Frau, nach jahrelanger Suche das, in den alten Vikingersagen beschriebene "Vinland", entdeckt hat. Ein kleiner Pfad führt vom Museum zu einem rekonstruierten Vikingerdorf und den orginal Gebäuden, von welchen heute jedoch nur noch Umrisse im Gras zu sehen sind. Die grünen Naturdächer der Siedlung sitzten in der unverdorbenen Landschaft, welche wahrscheinlich immer noch so aus sieht wie 1000 AD, als Leif Eriksson, der Sohn von Erik dem Roten hier landete. Aus einem der Häuser steigt Rauch auf. Am Feuer sitzt eine Parkwächterin und erzählt wie Leif und seine Familie hier ein Dorf bauten. Nicht weit entfernt in den blauen Wassern des Atlantik sind wieder die Wale zu sehen, auch das hat sich zum Glück seit 1000 AD nicht verändert. Die einzige Strasse vom Norden der Halbinsel hinunter nach Gros Morne offeriert noch mehr von der fantastischen Küstenlandschaft, wie sie in Newfoundland an jeder Ecke zu finden ist. Gros Morne, neben L'Anse aux Meadows das zweite UNESCO World Heritage Site in Newfoundland, ist heute ein Nationalpark. Er ist berühmt für seine Tablelands, die ältesten Steinformationen auf diesem Kontinent. Wir lassen es uns nicht nehmen, hier die Motorräder einmal mit den Wanderschuhen zu tauschen und den Namensgeber des Parkes, den Gros Morne zu besteigen. Nach der anstrengenden Kletterpartie, werden wir mit wundervollen Aussichten auf Täler, Fjorde und Seen belohnt. Über Vikingerdörfer, Wale, Berge und Hummeressen verfliegt die Zeit wie in Nu und schon sind wir wieder zurück in Lewisport. Die Arbeiter an den Docks sind ein bisschen erstaunt uns schon wieder zu sehen. Zusammen mit Autos und Lastwagen werden die Motorräder am frühen Morgen auf die Fähre verladen. Für uns gibt es diesesmal eine Kabine, denn die Reise nach Goose Bay in Labrador wird bedeutend länger dauern als die letzte Fahrt nach St. Anthony!

Sechsunddreissig Stunden und siebenhundert Seemeilen später kommen wir in Labrador an. Hier beginnt die Strasse, für die wir diesen Umweg gemacht haben: The Trans Labrador Highway, eine Schotterpiste, welche Goose Bay mit der Hauptstadt Labrador City 550 Kilometer entfernt verbindet. Dazwischen liegt lediglich Churchhill Falls, eine Stadt mit einem riesigen Stromkraftwerk. Sonst nichts als Wälder, Seen, Flüsse,Tundra und natürlich die Schotterpiste. "The Freedom Trail", wird sie von den Leuten in Goose Bay genannt, da seit ein paar Jahren Trucks nun das ganze Jahr hindurch die Reise nach Goose Bay machen können und somit diesen Aussenposten mit frischen Lebensmitteln und anderen Waren versorgen. Das Teilstück von Goose Bay nach Churchhill Falls ist dabei im schlechtesten Zustand, für unsere BMW's jedoch kein Problem. Von dort an ist die Piste so gut präpariert, dass wir mit 100 km/h durch die Wälder brausen können. Nachts schlagen wir jeweils unser Lager bei einem der vielen Flüsse oder Seen auf. Khim versucht sich mit Fischen, während ich das Zelt aufschlage und mit den "Black Flies" kämpfe. Diese kleinen Monster sind hier im Sommer zu Tausenden vorhanden. Zum Glück haben wir unser Mosquitonetz dabei, anders wäre es hier nicht auszuhalten. Auf den ganzen 550 Kilometern begegnen wir nur wenigen Fahrzeugen. Ein paar Trucks, die im Schneckentempo um die Schlaglöcher herumfahren, ein, zwei Wohnmobile mit Hobbyfischern, die hier ihre Ferien verbringen und sonst niemand. Labrador City und die Schwesternstadt Wabush sind riesige Bergbaustädte Mitten im Nichts. Nach drei Tagen im Kanadischen Outback, kommen wir mit unzähligen Stichen von Mücken und Schwarzfliegen übersäht hier an. Wir freuen uns beide auf eine heisse Dusche. Auf Rat der extrem freundlichen Arbeiterinnen auf der Touristeninformation, stürzen wir uns auf das öffentliche Hallenbad in Wahbush, wo es gratis eine heisse Dusche gibt! Jetzt sind wir wieder gerüstet für den Rest der Strecke. Kurz nach Labrador City führt die Strasse aus der Provinz Labrador nach Quebec. Von jetzt an sind alle Schilder nur noch in Französisch. Bei Fermont kommen wir an einer grossen Mine vorbei, nachher schlängelt sich die Strasse wieder durch Wald und vorbei an der Eisenbahnlinie. Dann plötzlich wird aus der Schotterpiste eine perfekt betonierte zweispurige Strasse, die sich über fast 60 Kilometer bis zu den Überresten einer Stadt hinzieht. Von der einstigen Stadt, welche über diese Strasse mit einer Mine verbunden war, sind jedoch nur noch die Randsteine übrig. Alles Andere wurde säuberlich demontiert und anderswo wieder aufgebaut. Gleich hinter der Geisterstadt verwandelt sich die Asphaltstrasse wieder in eine Schotterpiste. Auf diesem Streckenteil hat es schon ein bisschen mehr Verkehr als von Goose Bay nach Churchhill Falls. Auf Asphalt stossen wir erst wieder in Manic Cinq, dem ersten von drei riesen Staudämme, welche entlang des Manicouagan Flusses für die Firma Hydro-Quebec Strom erzeugen. Von hier aus sind es noch gut 200 Kilometer bis nach Baie Comeau am Saint Lawrence. Dort sind wir wieder zurück in der Zivilisation, wie an den McDonalds, Tim Hortons und Lichtsignalen unschwer zu erkennen ist.

Während in Newfoundland und Labrador vorallem Wälder, Flüsse und Seen die Landschaft beherrschten, so ist es hier in Quebec der St. Lawrence mit Weideflächen an seinen Ufern. Der Puls des Lebens tickt hier bedeutend schneller als auf der "Insel". Während wir dort oft allein auf der Strasse waren, so reiht sich hier Auto an Auto. Während in Newfoundland selten jemand schneller als 80 km/h fuhr und alle immer Zeit für einen Schwatz hatten, so überholen uns hier die Autos rechts und links ! Vorsichtig nähern wir uns Quebec City. Wir müssen uns zuerst wieder an den Verkehr und die agressive Fahrweise der Städter gewöhnen. Die wunderschöne Altstadt von Quebec versöhnt uns wieder ein bisschen mit der Zivilisation, auch wenn wir Mühe haben mit all den vielen anderen Touristen aus aller Welt, welche sich hier tummeln. Ach wie schön war es doch in Newfoundland und Labrador, wo wir oft die einzigen Touristen waren ! Reiseinformationen: Flug: Am besten einen Charter nach Halifax, Nova Scotia. Formalitäten: Besucher aus Europa brauchen kein Visa, jedoch einen gültigen Pass. Die Bestimmungen ändern sich jedoch häufig, so dass es sicher eine gute Idee ist, vorher bei der Kanadischen Botschaft nachzufragen. An der Grenze bestimmt der Beamte ob oder wie lange einem Aufenthalt gewährt wird. Die Regel ist dabei 3 Monate. Wahrscheinlich wird man gefragt wieviel Geld man bei sich trägt.Solange Motorräder wieder ausgeführt werden, gibt es keine Probleme an der Grenze.

Informationen: Tourisme Canada, Taunusstrasse 52-60, 6000 Frankfurt 1

Camping: Wir waren mit dem Zelt unterwegs. Wild campieren ist vorallem in Labrador kein Problem, solange man auf die Mücken und Schwarzfliegen vorbereitet ist. Billig sind die Provincial Parks, wo man für C$ 6-8 sein Zelt aufschlagen kann. In der Regel sind diese jedoch ohne Duschen. Etwas teuer ist das Übernachten in den Nationalparks, da man neben der Campinggebühr von C$ 9-16 auch noch eine Bewilligung für das Fahrzeug braucht, welche in der Regel pro Tag C$ 6 kostet. Die Campingplätzte in den Nationalparks sind jedoch immer super ausgerüstet. Die privaten Campingplätze kosten je nach Ausstattung und Lage zwischen C$ 16-35 . Noch ein Tip zum Duschen: in den meisten kleineren Städten gibt es ein öffentliches Schwimmbad oder Erholungszetrum, wo man gut gratis eine Dusche nehmen kann.

Fähren: Newfoundland ist eine Insel und so findet man sich früher oder später auf einer Fähre: Von North Sydney in Nova Scotia aus kann man entweder in 13 Stunden nach Argentia oder in nur 6 Stunden nach Port-aux-Basques übersetzten: Beide Fähren werden von Marine Atlantic betrieben. Im Sommer ist es eine gute Idee ein bis zwei Tage im Voraus zu reservieren: Telefonnummern von Marine Atlantic : North Sydney 902 794 5700Port aux Basques 709 695 7081 St. John 709 772 7701 North Sydney - Argentia : Zwischen 15.Juni und 15. September jeweils 8.00 Uhr Dienstags und Freitags ( Mittwoch und Samstag für die andere Richtung) Kosten: C$ 49.-- pro Erwachsene Person und C$ 54.50 pro Motorrad. Dauer: 13 Stunden. North Sydney - Port aux Basques : Zwischen 15. Juni und 15. September zwei bis dreimal täglich. Kosten : C$ 19.-- pro Erwachsene Person und C$ 25.-- pro Motorrad. Dauer: 6 Stunden. Lewisport - Goose Bay per Fähre: Zwischen 13. Juni und 7. September jeweils 8.00 Uhr Dienstags und 18.00 Uhr Freitags ( 23.20 Uhr Mittwoch und 18.00 Uhr Samstags für die andere Richtung). Kosten: C$ 88.50 pro Erwachsene Person, C$ 70 für eine Zweierkabine und C$ 73.-- pro Motorrad. Dauer: 35 Stunden. Lewisport - Goose Bay per Postschiff: Zwischen Juni und September jeweils einmal pro Woche. Das Postschiff läuft nach Lewisport zuerst St. Anthony und dann verschiedene Dörfer in Labrador an. Kosten: C$ 0.206 pro Seemeile pro Erwachsene Person (421 Seemeilen bis St. Anthony, 700 bis Goose Bay) C$ 0.096 pro Seemeile für die billigste Kabine. C$ 79.5 pro Motorrad bis St. Anthony. Reisezeit: Von Mitte Juni bis Ende August. Die Eisberge kann man zwischen Anfang Juli und August an der Küste von Newfoundland finden. Die Buckelwale kommen zwischen Ende Juni und Mitte Juli, auch Mink-, Fin- und Blauwale können ebenfalls um diese Zeit beobachtet werden.Obwohl es im Juli und August recht warm werden kann, sollte man auch einen Satz warme Kleider und ein Regenkombi dabei haben.

Reisedauer: Zwei bis drei Wochen. Gefahrene Strecke : ca. 3000 Kilometer

Literatur: Canada - a travel survival kit Lonely planet

Ref: LABRADOR.SAM

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